Story

Es gibt Rennen, die mehr sind als nur ein sportlicher Wettkampf – sie sind eine Hommage an Geschwindigkeit, Ausdauer und den unerschütterlichen Willen, Herausforderungen zu meistern. Das Raid Pavia-Venezia ist eines dieser Rennen. Seit seiner ersten Austragung im Jahr 1929 hat es eine einzigartige Tradition geschaffen, die weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannt ist. Mit einer Strecke von über 400 Kilometern, die durch malerische Flüsse wie den Ticino und den Po führt, verbindet das Rennen nicht nur zwei der schönsten Städte Italiens, sondern auch Vergangenheit und Gegenwart. Die Teilnehmer sind nicht nur Fahrer, sondern Abenteurer, die sich den unvorhersehbaren Herausforderungen der Natur und der Technik stellen müssen.
Mein Name ist Marcello Guillerno, und ich habe die Ehre, Teil dieser traditionsreichen Veranstaltung zu sein. Doch meine Geschichte begann nicht auf dem Wasser, sondern in einer Werkstatt, wo ein altes Holz-Hydroplane darauf wartete, wieder zum Leben erweckt zu werden. Dieses Boot, ein Lucini Hydroplane „Guida Avanzata“ mit einem speziell modifizierten Alfa Romeo-Motor, ist mehr als nur ein Fahrzeug – es ist ein lebendiges Stück Geschichte. Jeder Kratzer im Holz, jedes Detail der Mechanik erzählt eine Geschichte von Geschwindigkeit, von Leidenschaft und von der Zeit, als diese Boote die Rennstrecken der Welt beherrschten.
Von der Entdeckung des Bootes in England bis zu seiner Restaurierung in Deutschland war jeder Schritt ein Abenteuer. Jede Komponente wurde mit größter Sorgfalt restauriert, jede Herausforderung gemeistert. Die Suche nach Ersatzteilen war oft wie die Suche nach einem verlorenen Schatz. Einige Teile mussten nach originalen Blaupausen nachgebaut werden, während andere aus historischen Rennbooten geborgen wurden. Doch das wahre Abenteuer begann erst, als ich mich entschloss, mit diesem Boot am Raid Pavia-Venezia teilzunehmen. Diese Entscheidung war nicht nur ein Schritt ins Unbekannte, sondern auch ein Bekenntnis zur Tradition des Rennsports und zur Faszination für historische Technik.
Dieses Booklet erzählt die Geschichte dieses Projekts – von der Recherche zur Historie des Bootes über die technischen Herausforderungen bis hin zu den atemberaubenden Momenten des Rennens selbst. Es ist eine Geschichte von Leidenschaft, Teamwork und dem Streben nach Perfektion. Eine Geschichte, die zeigt, dass Geschwindigkeit nicht nur eine Frage von PS ist, sondern auch von Mut, Präzision und dem Respekt vor der Tradition. Jede Sekunde auf dem Wasser ist ein Balanceakt zwischen Risiko und Belohnung, zwischen Kontrolle und absoluter Geschwindigkeit. Wer dieses Rennen gewinnen will, braucht mehr als nur ein schnelles Boot – er braucht eine Seele, die den Rhythmus des Wassers versteht.
Begleiten Sie mich auf dieser Reise – einer Reise, die Geschwindigkeit und Zeit miteinander verbindet. Denn am Ende geht es nicht nur darum, zu gewinnen, sondern darum, Geschichte zu schreiben. Es ist eine Geschichte über das Wiederbeleben einer Legende, über den unaufhaltsamen Drang, etwas Außergewöhnliches zu erreichen, und über die unvergesslichen Momente, wenn das Boot über das Wasser fliegt und die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen.

Willkommen in der Welt des Raid Pavia-Venezia!

Alles begann mit einem Zufall – oder vielleicht auch mit Schicksal. Mein guter Freund Drew stieß bei einer seiner Reisen in der Nähe von London auf ein kleines Holz-Hydroplane, das darauf wartete, wieder zum Leben erweckt zu werden. Der damalige Besitzer erzählte ihm, dass ursprünglich ein Alfa Romeo-Motor in dem Boot verbaut war. Für Drew stand sofort fest: Dieses Projekt war wie für mich gemacht. Als ich das Boot zum ersten Mal sah, war ich fasziniert – aber auch überwältigt. Es befand sich in einem stark desolaten Zustand. Der Motor fehlte vollständig, und viele andere wichtige Teile waren ebenfalls nicht mehr vorhanden. Doch das Boot war fast vollständig mit der kompletten Mechanik ausgestattet, was mir Hoffnung gab. Eine Sache fiel mir sofort auf: der riesige Tank mit über 80 Litern Fassungsvermögen. Das war ungewöhnlich, denn Boote dieser Art wurden normalerweise für kurze Circuit-Rennen gebaut, die nur 10 bis maximal 15 Minuten dauerten und daher mit kleinen Tanks von etwa 20 Litern ausgestattet waren. Diese Diskrepanz weckte meine Neugier, und ich begann zu recherchieren.

Nach intensiver Suche im Internet entdeckte ich die unglaubliche Geschichte dieses Bootes. Es hatte bereits neunmal an einem der ältesten und längsten Langstreckenrennen der Welt teilgenommen: dem Raid Pavia–Venezia in Italien. Noch beeindruckender war die Liste der Piloten, die dieses Boot über die Jahre hinweg gesteuert hatten:

  • 1983–1986: Franco Leidi – 45° Raid Pavia-Venezia
  • 1986–1988: Guido Longhi – 46° e 47° Raid Pavia-Venezia
  • 1989–1992: Emilio Bocchiola – 49° e 50° Raid Pavia-Venezia
  • 1993–2011: Agostino Cocozza – 52°, 53° e 54° Raid Pavia-Venezia

Diese Namen und Daten zeugen von der reichen Geschichte des Bootes und seiner Rolle in der Entwicklung des Motorsports. Jeder dieser Fahrer hat seinen eigenen Beitrag zur Legende dieses Bootes geleistet, und es war eine Ehre, ihre Spuren weiterzuführen. Für mich stand fest: Ich musste meine Rennlizenz machen, und dieses Boot musste zurück aufs Wasser! Die Restaurierung würde eine Herausforderung werden, aber ich war bereit, sie anzunehmen. Jeder Schritt – vom Aufspüren eines passenden Motors bis zur Feinabstimmung der Mechanik – sollte Teil einer Reise sein, die weit über das Boot selbst hinausging. Es war nicht nur ein Projekt, sondern eine Hommage an die Geschichte des Motorsports und des Raid Pavia-Venezia. Je tiefer ich mich in die Geschichte dieses Bootes vertiefte, desto mehr verstand ich, dass ich nicht nur eine Maschine restaurierte, sondern eine Legende zurück ins Leben holte. Dieses Boot war nicht einfach nur ein altes Stück Holz und Metall – es war ein Zeuge vergangener Triumphe, ein Symbol für unermüdlichen Ehrgeiz und eine Verbindung zwischen den Generationen von Rennfahrern, die dasselbe Ziel verfolgten: die Grenzen der Geschwindigkeit und der Technik zu überschreiten.

Die Restaurierung: Handwerk und Leidenschaft

Die Restaurierung: Handwerk und Leidenschaft Die Restaurierung des Bootes war ein Prozess, der nicht nur technisches Können, sondern auch unendliche Geduld und Hingabe erforderte. Jeder Schritt war eine Herausforderung, aber auch eine Hommage an das Handwerk und die Geschichte des Motorsports. Von Beginn an war mein Vater eine der wichtigsten Säulen dieses Projekts. Mit seiner Erfahrung als Yachtbauer und Oldtimer-Restaurator brachte er unverzichtbares Wissen über Holzarbeiten und mechanische Feinheiten ein. Während ich mich auf die technischen Details konzentrierte, übernahm er entscheidende Arbeiten an der Struktur des Bootes. Sein Fachwissen half dabei, beschädigte Holzteile originalgetreu zu ersetzen, den gesamten Rumpf zu überarbeiten und das Boot wieder in einen rennfähigen Zustand zu versetzen. Doch sein Einfluss reichte weit über die Holzbearbeitung hinaus. Mein Vater unterstützte mich auch intensiv bei der Restauration der Mechanik. Zusammen konstruierten und fertigten wir neue Motorträger, restaurierten das Cockpit, Dashboard und entwickelten das Gaspedal komplett neu, um es optimal an die Rennbedingungen anzupassen. Ohne seine Expertise, Geduld und Präzision wäre dieses Projekt kaum möglich gewesen.

Eines der größten Hindernisse bei der Restaurierung war der fehlende Motor. Glücklicherweise fand ich einen gebrauchten Alfa Romeo Motor, der perfekt in das Boot passte und fast baugleich mit dem ursprünglichen Motor war. Mein Cousin Aurelio, ein leidenschaftlicher Alfa-Spezialist, übernahm die komplette Überholung des Motors. Jedes bewegliche Teil wurde ersetzt oder erneuert, um sicherzustellen, dass der Motor den extremen Belastungen des Rennens standhalten würde. Besonders wichtig war die Anpassung des Motors für den Einsatz im Boot. So wurde die Lichtmaschine entfernt, da das Boot über Staudruck gekühlt wird. Auch die Wasserpumpe wurde herausgenommen, um Gewicht zu sparen und den Motor effizienter zu machen. Das Schwungrad wurde modifiziert, um mehr Drehfreude zu ermöglichen, was entscheidend für die Performance auf den langen Geraden war.

Eine weitere Besonderheit war die entgegengesetzte Einbaulage des Motors. Im Vergleich zu einem Auto musste der Motor so montiert werden, dass die Drehrichtung des Propellers angepasst wurde. Diese Art von Boot ist für Linkskurven optimiert, da sie im Circuit normalerweise linksherum fahren. Beim Raid Pavia–Venezia jedoch müssen die Boote auch Rechtskurven bewältigen – eine echte Herausforderung, da das Boot instabil wird und extrem schwer zu kontrollieren ist. Diese Schwäche gleicht das Boot jedoch durch seine unglaubliche Geschwindigkeit auf den Geraden aus, was den Reiz dieser Rennen ausmacht.

Ein weiteres großes Problem war der fehlende Wellenbock – ein entscheidendes Gussteil, das sich direkt vor dem Propeller befindet und die Antriebswelle hält. Ohne dieses Teil wäre es unmöglich gewesen, die Kraft des Motors effizient auf das Wasser zu übertragen. Da es kaum noch Ersatzteile für historische Boote auf dem Markt gibt, war dies eine echte Herausforderung. Glücklicherweise konnte ich auf Carsten zählen, der eine Gießerei in Wiesbaden betreibt. Er fertigte den Wellenbock speziell für mein Boot an und löste damit ein Problem, das sich als äußerst schwierig erwiesen hatte. Dank seiner handwerklichen Präzision war es möglich, dieses zentrale Bauteil exakt nach historischen Vorgaben zu rekonstruieren. Ohne Carstens Expertise wäre dieser kritische Abschnitt der Restauration nicht gelungen.

Nachdem der Motor eingebaut und alle Teile an ihrem Platz waren, kam der Moment der Feinabstimmung. Hier spielte Rolf, ein Urgestein des Hydroplane-Rennsports, eine entscheidende Rolle. Mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung half er mir, das Boot optimal abzustimmen. Er unterstützte mich bei den Testläufen und sorgte dafür, dass alle Komponenten perfekt aufeinander abgestimmt waren.

Patrik war immer mit seinem Jetski dabei, um im Notfall eingreifen zu können. Doch selbst bei größter Vorsicht kann im Rennsport immer etwas Unvorhergesehenes passieren. Bei einem Testlauf platzte ein Kühlwasserschlauch direkt neben meinem Bein. Im engen Cockpit konnte ich mich kaum bewegen, und das heiße Kühlwasser verursachte eine Verbrennung dritten Grades an meiner Wade. Ich musste die Testfahrt abbrechen und mich erst einmal um die Verletzung kümmern. Die Narbe trage ich noch heute – eine ständige Erinnerung daran, wie wichtig es ist, im Rennsport nie an der falschen Stelle zu sparen. Dieser Vorfall war eine wertvolle Lektion: Im Rennsport gibt es keine Kompromisse. Rolf hatte mich bereits vorher darauf hingewiesen, druckfeste Wasserleitungen, sogenannte ANS-Systeme, einzubauen. Doch ich hatte gedacht: „Das wird schon halten, alle Schlauchschellen sind ja fest!“ Der Unfall zeigte mir, dass Sicherheit und Qualität immer an erster Stelle stehen müssen. Seitdem achte ich noch sorgfältiger auf jedes Detail, um solche Situationen in Zukunft zu vermeiden.

Mein Vater war nicht nur ein Helfer, sondern ein unverzichtbarer Teil dieses Projekts. Seine Erfahrung, sein handwerkliches Geschick und seine unermüdliche Unterstützung haben dieses Boot nicht nur wieder auf das Wasser gebracht – sie haben es zu einem Kunstwerk gemacht, das bereit ist, erneut Geschichte zu schreiben und beim Raid 2024 es auch bewiesen hat.

mein Rennbericht: Raid Pavia Venezia 2024

Die Historischen Hydroplanes beim 71. Raid Pavia-Venedig 2024 sind ein Höhepunkt des Rennens. Diese historischen Rennboote, die meisten mit leistungsstarken Alfa Romeo-Motoren ausgestattet, sind bekannt für ihre Geschwindigkeit und stehen für eine reiche Geschichte und Tradition.

Der Morgen des historischen Raid Pavia-Venezia versprach ideale Bedingungen: ein klarer Himmel und angenehme 24 Grad. Über 100 Boote aus verschiedenen Klassen waren versammelt, bereit, den anspruchsvollen Kurs zu bewältigen. An den Ufern des Ticino herrschte eine Atmosphäre voller Spannung und Vorfreude.

Photo by Giancarlo Tato Coscia

Die ersten Klassen sollten ursprünglich um 7 Uhr starten, doch aufgrund von Verzögerungen durch die Autokräne wurde der Start aller Boote verschoben. Wir mit den Hydroplanes sollten fast als Letzte um 11 Uhr starten, doch auch unser Start verzögerte sich bis nach 13 Uhr. In meiner Klasse traten 14 historische Hydroplanes an, jedes mit dem Ziel, die 400 Kilometer lange Strecke zu bewältigen. Ich stand am Steuer meines Lucini Hydroplane Guida Avanzata mit einem Alfa Romeo 1750 Motor und bereitete mich mental auf das bevorstehende Rennen vor.

Das Ziel war klar: Ankommen, unabhängig von den Hindernissen, die sich uns in den Weg stellen könnten

Der offizielle Start erfolgte schließlich um 13:07 Uhr mit dem Passieren der Brücke Ponte della Becca in Pavia, wo der Ticino in den Po mündet.
Als die Boote die beiden Bojen passierten, die den Start markierten, setzte sich die Flotte in Bewegung. Wir starteten in kurzen Abständen, von den langsameren zu den schnelleren Booten, jeder auf seine eigene Zeit. Die Motoren dröhnten und die Boote schossen über das Wasser, als wären sie von einer Kette befreit.

Anfangs lief alles glatt, doch nach nur etwa 11 Kilometern erlebte ich den ersten Schock. Der Kühlwasserschlauch am Ruder, der fest auf meiner Checkliste verankert war, hatte sich unerwartet gelöst. Der Motor drohte zu überhitzen und schnelles Handeln war erforderlich. Mit geübten Händen griff ich zu den Bordwerkzeugen, während das Adrenalin durch meine Adern schoss. Minuten vergingen wie Stunden, während ich den Schlauch sicherte und die Verbindungen überprüfte. Endlich war das Problem behoben und ich konnte das Rennen fortsetzen.

Kurz darauf überholten mich Tom mit seinem Flaminia V6 und ein französischer Konkurrent. Es gelang mir nicht, sie einzuholen, aber ich blieb dicht hinter ihnen, entschlossen, den Anschluss nicht zu verlieren. Bis zur Schleuse von Isola Serafini, 97 Kilometer vom Startpunkt entfernt, waren die Wetterbedingungen ideal. Doch das Treibholz im Wasser nahm stetig zu und ich musste wachsam bleiben, um Hindernisse zu vermeiden. Jede Kollision hätte fatale Folgen haben können, also verlangsamte ich bei Bedarf, um sicher zu navigieren. Leider hatten bis zur Schleuse bereits 10 Boote aus meiner Klasse Motorschäden oder Kollisionen mit Treibholz erlitten und waren ausgefallen. Das erhöhte den Druck und die Spannung für die verbleibenden Teilnehmer, mich eingeschlossen. Der Schleusenvorgang war eine willkommene, aber kurze Pause, die mir erlaubte, kurz durchzuatmen und die Lage zu überprüfen.

In den folgenden 45 Kilometern bis Torricella di Sissa sah ich das herannahende Unwetter am Horizont. Die dunklen Wolken türmten sich auf und es war klar, dass wir direkt darauf zusteuerten. In Torricella di Sissa angekommen, war die Steganlage bereits voll mit großen Offshore-Booten, die ihre Tanks mit Hunderten von Litern Treibstoff füllten. Alberto und Mirco, die vor mir angekommen waren, hatten bereits ihre Boote betankt und waren wieder auf dem Wasser. Geduldig wartete ich, überprüfte mein Boot und bereitete mich mental auf die nächste Etappe vor. Tom, ein weiterer Fahrer, hatte sein Boot voller Wasser und kämpfte verzweifelt, es wieder startklar zu machen. Seine Mannschaft hatte ihn bereits losgelassen, aber der Motor sprang nicht an und die Strömung trieb ihn ein gutes Stück weg. Das Bergungsteam griff ein, um ihn zurückzuholen. Nach fast zwei Stunden Wartezeit war ich endlich bereit, weiterzufahren.

Nach 2–3 Kilometern Fahrt setzte die Sturmfront ein. Der Regen prasselte nieder und Hagelkörner trommelten auf das Boot, während der Wind unvermindert stark blies. Trotz des vollgetankten und schwereren Bootes lief der Motor sehr gut und drehte wunderbar. Der hohe Sauerstoffgehalt in der Luft durch den Regen schien dem Vergaser zusätzliche Leistung zu verleihen.
Die Sturmbedingungen erhöhten den Auftrieb des Bootes erheblich, was die Steuerung erschwerte. Es war so dunkel, dass die Schilder an den Brücken kaum zu erkennen waren; nur wenige waren beleuchtet oder speziell markiert. Ich musste ohne GPS navigieren, das sich aufgrund der starken Vibrationen in seine Einzelteile zerlegt hatte, was die Situation noch schwieriger machte. Für die nächsten 50 Kilometer kämpfte ich mich durch die Sturmfront. Nach dem Sturm klärte sich das Wetter auf und am Horizont erschien ein Licht. Doch das Wasser war weiterhin voller Treibholz und ich musste weiterhin aufmerksam bleiben.
Trotz aller Widrigkeiten kämpfte ich weiter und setzte meine Fahrt fort. Der Erfolg in diesem Rennen war nicht nur meiner eigenen Leistung zu verdanken, sondern auch den vielen helfenden Händen, die mich unterstützt haben. Ein besonderer Dank gilt auch den Organisatoren und Helfern, die dieses großartige Event überhaupt erst möglich gemacht haben. Doch am Ende gab es eine unerwartete Wendung: Ich war so im Speedrausch, dass ich die entscheidende Abzweigung verpasste und etwa 9 Kilometer weiterfuhr. Ohne GPS und komplett auf mein Gefühl angewiesen, bemerkte ich nicht, dass ich die Ziellinie bereits überschritten hatte. Die Organisatoren am Ziel hatten bereits meine Zeit abgenommen und bemerkten meine falsche Route. Die Jungs auf ihrem Schlauchboot versuchten mich einzuholen, doch ich voll gas weiter – in der Annahme, dass es sich um Fotografen handelte. Mitten im Delta Po, hielt ich schließlich an. Irgendetwas in mir sagte mir, dass ich zu lange unterwegs war und dass sich die Umgebung stark verändert hatte. Die Szenerie wirkte plötzlich viel ruhiger, natürlicher – ein klares Zeichen, dass ich mich in einem geschützten Naturschutzgebiet befand. Ich griff zum Telefon, öffnete die Karte und stellte fest, dass ich mich weit von der eigentlichen Strecke entfernt hatte. Noch ein paar Kilometer mehr, und ich wäre geradewegs in der Adria gelandet. Ich fuhr mit gemäßigter Geschwindigkeit zurück zum Ziel, navigierte mit dem Handy, denn ich wusste, dass es mit dem Benzin knapp werden könnte. Nach Torricella gab es schließlich keinen Tankstopp mehr, und ich konnte mir keinen weiteren Fehler leisten. Mit dem letzten Tropfen Sprit erreichte ich schließlich das Ziel – ein Rennen, das ich niemals vergessen werde!

Grüße vom Zweitplatzierten in der Klasse der historischen Hydroplanes beim Raid Pavia-Venezia 2024 – und natürlich ein großes Dankeschön an alle meine Fahrerkollegen. Ich freue mich auf das nächste Abenteuer mit euch! Lange Strecken, hohe Geschwindigkeiten und noch mehr Geschichten.

Das Jahr 2024 war ein Wendepunkt – der Beweis dafür, dass dieses Boot, das einst in einem verfallenen Zustand in England entdeckt wurde, wieder zu seiner alten Stärke zurückfinden kann. Mit dem zweiten Platz in der Klasse der historischen Racer R2000 beim Raid Pavia-Venezia habe ich gezeigt, dass dieses Projekt mehr als nur eine Vision ist. Doch der zweite Platz war nie das Ziel – er war lediglich ein Zwischenschritt auf dem Weg nach ganz oben. 2025 soll das Jahr des Sieges werden..

Der Raid Pavia-Venezia ist kein gewöhnliches Rennen –

es ist ein Kampf gegen die Natur, eine Prüfung von Mensch und Maschine und ein Wettlauf mit den Elementen. Mein Ziel ist klar: Ich will den begehrten Pokal denn dieser Pokal wäre nicht nur eine persönliche Trophäe, sondern auch eine Anerkennung für das gesamte Team, das mich auf diesem Weg unterstützt hat. Jeder Kilometer, den ich zurücklege, ist ein Tribut an ihre harte Arbeit, ihr Engagement und die unzähligen Stunden, die wir gemeinsam in dieses Boot investiert haben. Doch der Weg zum Sieg führt über eine akribische Vorbereitung. Die Erfahrungen aus 2024 haben gezeigt, dass kein Detail dem Zufall überlassen werden darf. Jede Schwachstelle wird identifiziert und optimiert. Das Boot wird nicht nur technisch auf höchstes Niveau gebracht, sondern auch meine eigene körperliche und mentale Vorbereitung wird noch intensiver sein. Im Raid gibt es keine Fehlerkorrektur – jeder Moment zählt.

Über 400 Kilometer führt die Strecke durch die wilden Flüsse Ticino und Po, eine atemberaubende, aber oft gnadenlose Landschaft. Treibholz, starke Strömungen und abrupte Wetterwechsel machen das Rennen zu einem ständigen Balanceakt zwischen Geschwindigkeit und Kontrolle. Doch die größte Unberechenbarkeit liegt in den Wasserständen: Heute kann der Pegel bei 9 Metern liegen, morgen nur noch bei 3 Metern – und mit jeder Veränderung verschiebt sich die gesamte Dynamik der Strecke. Hochwasser bringt reißende Strömungen und eine Flut von Treibholz mit sich, das selbst das robusteste Boot schwer beschädigen kann. Niedrigwasser hingegen legt Sandbänke und gefährliche Untiefen frei, die ein Boot abrupt stoppen und das Rennen beenden können. Diese Gegebenheiten ändern sich oft innerhalb weniger Stunden – es gibt keine Möglichkeit, sie im Voraus zu trainieren. Jeder Kilometer erfordert höchste Konzentration, denn ein einziger Fehler kann das Aus bedeuten.

Doch nicht nur das Wasser ist unberechenbar – auch das Wetter kann in Sekunden umschlagen. Ein plötzlicher Sturm kann die Sicht auf null reduzieren und die Navigation fast unmöglich machen. Starke Winde und Wellen werfen das Boot von einer Seite zur anderen, während Regenschauer den Steuerstand in ein rutschiges, unkontrollierbares Terrain verwandeln. Der Raid Pavia-Venezia ist kein gewöhnlicher Wettkampf – es ist ein Spiel mit dem Feuer. Die Boote sind extrem schnell, aber ebenso empfindlich. Eine Kollision mit Treibholz kann das Boot außer Gefecht setzen, eine falsche Entscheidung kann das Rennen in Sekunden beenden. Für 2025 werde ich mich noch besser auf diese Gefahren vorbereiten. Jede Brücke, jeder kritische Streckenabschnitt wird studiert, um in jeder Situation die richtige Entscheidung treffen zu können. Doch egal, wie präzise die Planung ist – die Natur bleibt unberechenbar. Und genau das macht dieses Rennen so faszinierend. Es ist ein Tanz mit den Elementen, ein ständiges Spiel zwischen Risiko und Erfolg.

Das Team – Die wahre Stärke hinter dem Erfolg !

Ohne mein Team wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Aurelio Guillerno, der mit größter Sorgfalt den Alfa Romeo-Motor restaurierte. Carsten Helbig, der fehlende Teile fertigte. Rolf Gersch, dessen jahrzehntelange Erfahrungen das Boot perfekt abstimmte. Patrik Dengler, der stets als verlässlicher Helfer auf dem Wasser bereitstand. Und natürlich Drew Langdon, Giuseppe Casanova, Thomas Schwarzbauer und meine ganze Familie, die mich von Anfang an unterstützt und motiviert haben. Jeder Einzelne hat entscheidend zum Erfolg beigetragen. Für 2025 werden wir diese Zusammenarbeit weiter stärken. Jede Schwachstelle wird beseitigt, jede Möglichkeit zur Verbesserung genutzt. Jeder bringt seine individuellen Stärken ein – und genau diese Vielfalt macht uns unschlagbar.

Ich blicke mit Entschlossenheit und Vorfreude auf das kommende Rennen. Die Strecke wird hart, die Konkurrenz stark – aber wir werden bereit sein.

Raid Pavia-Venezia – Wir kommen !